Der zehnte Planet
Ein Rollenspiel Wissenschaft gepaart mit einer starken, typischen Frustration: eine erhoffte, nein stärker, eine errechnete Entdeckung bleibt aus.
Immer wieder hat die Astronomie aus Bahnunregelmäßigkeiten der bekannten Planeten die verborgene Anwesenheit unbekannter Planeten errechnen können – triumphale Bestätigungen ihrer Methoden: über kurz generierten die Teleskope in Folge tatsächlich deren fahles Licht. Mathematik und Astronomie, Wissenschaftlichkeit und Astronomie waren sozusagen Synonyme.
Mich interessiert die Unregelmäßigkeit (das Unangepaßte und Nichtidentische aufzuheben), vielleicht entlarvt sich unser derart mathe-freundlich regelmäßig tickendes Sonnensystem eines Tages als ein lebensfeindlich durch die Schwerkraftschüssel torkelndes Ensemble. Und allein das Schmale der Zeitnische, in der wir leben, bewahrt uns Eintagsfliegen des Alls die Illusion von Verläßlichkeit und Regelmäßigkeit und Dauer. Irgendwann müssen wir hier weg.
Die erste Unregelmäßigkeit im Falle des Planeten X ist jedoch schon, daß dieser zehnte Planet, dessen Anwesenheit durchaus als berechnet gelten kann, nicht und nicht gefunden wird. Man sieht sich schon gezwungen, von ihm abzusehen, andere Hypothesen und Realisationen in Erwägung zu ziehen und wartet. Man hat eine Art Pause, eine tätige Untätigkeit, einen Hohlraum der Forschung, der denke ich, mal genutzt werden kann, um ein paar Zeichnungen in die Wände zu kratzen.
Kosmologe, Astronom und ein Kartograph am Rande ihrer unerfüllten Erwartungen, vor der Singularität eines ungeheuerlichen Versagens, Teile einer erstarrenden Magie. Wissenschaft schafft den Planeten nicht her. Das ist ein Gedankenexperiment wert. Ich projiziere ein Rollenspiel, präsentiere antifaktische Arbeitsergebnisse. Als könne die Kunst was retten.
▪ Dem Kosmologen: wird sein Leben als System dahinfahrender Erinnerungen ins schweigende All entgleiten.
▪ Dem Astronomen: in der Schwärze seiner tickenden Nächte werden die Instrumente transparent also unsichtbar also Hauptgegenstand der Betrachtung, Zeugen und Realisate des Nichts.
▪ Und der Kartograph läßt aus dem reinen und andauernden Kopieren projektierter Linien Horizonte seiner Tätigkeit zu immer komplexeren, haltloseren Orientierungen gerinnen. Marginalität, nichts ist nicht Rand.
Tatsächlich es gibt Arbeitsergebnisse des Scheiterns.
Fragen der Sternerzeugung klärt man am besten in der Kunst.
Ausstellung in Minden, im Mindener Museum für Geschichte, Landes- und Volkskunde. Es ergab sich ein ÜberAll als areale Topographie in einem deutlich lokalen Museum.
Das Beiheft zur Ausstellung finden Sie hier (pdf 8,5MB).